Pflegeratgeber

Pflegeratgeber (Stand Januar 2017)

Wer ist Pflegebedürftig?

Pflegebedürftig sind laut Gesetz Personen, die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeitsstörungen aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche oder psychische Schädigungen, Beeinträchtigungen körperlicher, kognitiver oder psychischer Funktionen sowie gesundheitlich bedingte Anforderungen oder Belastungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Diese Voraussetzungen müssen für voraussichtlich mindestens 6 Monate gegeben sein.

Wie wird die Pflegebedürftigkeit festgestellt?
Die Pflegebedürftigkeit wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens festgestellt. Der MDK tritt als neutraler Gutachter im Auftrag aller Krankenversicherungen auf. Er schickt Ihnen einen fachkundigen Gutachter (Ärztin/Arzt, Pflegefachkraft), der bei seinem Besuch prüft, wie selbstständig die zu begutachtende Person in spezifischen Aktivitätsbereichen ist bzw. welche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten vorliegt und ob personelle Hilfe notwendig ist.

Hierfür werden sechs Aktivitätsbereiche, auch Module genannt, betrachtet und mit Punktwerten beurteilt:

Modul-Übersicht

Die Gesamtbewertung der Punkte aus den Modulen findet dann wie folgt prozentual bei der Einstufung in die 5 Pflegegrade Berücksichtigung:

Modul-Bewertung

* Nur das Modul mit dem höheren Wert wird für die Einstufung berücksichtigt.

Wie beantrage ich eine Einstufung in einen Pflegegrad?
Ein Antrag auf Einstufung der Pflegebedürftigkeit wird bei der Pflegekasse gestellt (erreichbar über Ihre Krankenversicherung). Die Antragstellung kann formlos erfolgen oder es kann ein entsprechendes Formular bei Ihrer Pflegekasse angefordert werden, das Sie ausgefüllt und unterschrieben an die Pflegeversicherung zurücksenden. Sollte eine Pflegebedürftigkeit festgestellt werden, werden die Leistungen rückwirkend ab Eingang des Antrags auf Einstufung der Pflegebedürftigkeit übernommen.

Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege

Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben Personen, die als pflegebedürftig gelten und damit in einen Pflegegrad eingestuft sind.

Pflegegeld (§ 37 SGB IX)

Je nach Pflegegrad erhalten Sie einen festgelegten Geldbetrag von der Pflegekasse und müssen hiermit Ihre Pflege selbst organisieren. Pflegegeld kann z. B. in Anspruch genommen werden, wenn Sie ausschließlich von Ihren Angehörigen gepflegt werden.

Sachleistung (§ 36 SGB IX)

Pflegesachleistungen erhalten Sie, wenn für die Versorgung der pflegebedürftigen Person die Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes in Anspruch genommen wird. Überschreiten die Kosten für die Leistungen des Pflegedienstes den Höchstbetrag der Sachleistungen, müssen Sie den Restbetrag privat finanzieren.

Geld- und Sachleistungen

Kombinationsleistung (§ 38 SGB IX)

Hierunter wird eine Kombination aus Geld- und Sachleistung verstanden. Sie steht Ihnen zu, wenn Sie die Leistungen eines Pflegedienstes in Anspruch nehmen, ohne den Ihnen zur Verfügung stehenden Betrag an Sachleistungen voll auszuschöpfen. Der Restbetrag wird Ihnen dann anteilig als Pflegegeld ausgezahlt.

Berechnungsbeispiel von Kombinationsleistungen für Pflegegrad 3:

Bei Pflegegrad 3 stehen dem Pflegebedürftigen monatlich Pflegesachleistungen bis zu 1298 Euro oder ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 545 Euro zu. Hat die Pflegekasse z. B. für den Einsatz eines Pflegedienstes Pflegesachleistungen von 908,60 Euro bezahlt, so wird das anteilige Pflegegeld folgendermaßen berechnet:

908,60 Euro entsprechen 70 % von 1298 Euro. Der Anspruch auf das anteilige Pflegegeld reduziert sich somit auf 30 % der möglichen 545 Euro. Folglich zahlt die Pflegeversicherung noch 163,50 Euro. Kann der Umfang der Pflegesachleistung nicht im Voraus bestimmt werden, so rechnet die Pflegeversicherung zuerst die Pflegesachleistung ab. Das anteilige Pflegegeld wird dann anschließend berechnet und ausgezahlt, um nachträgliche Korrekturen zu vermeiden.

 
Überblick über die Leistungen der Pflegekasse

Leistungsüberblick

Verhinderungspflege

Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI)

Ist die Person, die einen Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, z. B. durch Krankheit oder Urlaub verhindert, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für den notwendigen Ersatz durch einen Pflegedienst oder eine andere Person. Voraussetzung für die Kostenübernahme bei Verhinderungspflege ist, dass die Pflegeperson mindestens seit 6 Monaten den Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, und zwar mindestens 10 Stunden pro Woche. Der Anspruch auf Verhinderungspflege besteht für maximal 6 Wochen pro Jahr. Erstattet werden Kosten bis zu 1612 Euro pro Jahr. In der Zeit der Verhinderungspflege wird das Pflegegeld für maximal 6 Wochen hälftig weitergezahlt. Die ersatzweise Pflege kann von einem ambulanten Pflegedienst erbracht werden, aber auch von einer privaten Person. Diese Pflegeperson darf mit dem Pflegebedürftigen jedoch nicht bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sein oder im selben Haushalt leben. Verhinderungspflege kann auch stundenweise bei einem Pflegedienst in Anspruch genommen werden, wenn die Pflegeperson z. B. kurzzeitig für Erledigungen verhindert ist. Zusätzlich kann bis zu 50 % des für Kurzzeitpflege zur Verfügung stehenden Betrages (also bis zu 806 Euro) für die Verhinderungspflege genutzt werden. Zu beachten ist, dass Personen mit dem Pflegegrad 1 keinen Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege haben.

Betreungsleistungen
Betreuungs- und Entlastungsleistungen (§ 45 b SGB XI)

Auf diese Leistung hat jede pflegebedürftige Person unabhängig vom Pflegegrad Anspruch. Die Pflegekasse gewährt hierfür einen einheitlichen Betrag von 125 Euro. Dieser Betrag kann für Angebote der Kurzzeitpflege oder der teilstationären Pflege eingesetzt werden. Ebenso können hiermit nach dem Recht des jeweiligen Bundeslandes anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag, wie ehrenamtliche Helfer oder Haushaltsservices, finanziert werden. Auch die Leistungen eines Pflegedienstes lassen sich hiermit begleichen, ausgenommen sind allerdings Leistungen körperbezogener Pflegemaßnahmen.

Ausnahme: Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 können mit den Ersatzleistungen auch körperbezogener Pflegemaßnahmen finanzieren.

Zusätzliche Leistungen

Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (§ 38 a SGB XI)

Pflegebedürftige, die zusammen in einer ambulant betreuten Wohngruppe leben, können einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214 Euro pro Person und Monat von der Pflegekasse erhalten. Voraussetzung ist, dass die Wohngruppe aus mindestens drei pflegebedürftigen Personen besteht.

Leistungen zur Wohnungsanpassung und für Pflegehilfsmittel (§ 40 SGB XI)

Jede pflegebedürftige Person hat Anspruch auf einen Zuschuss zur Wohnungsanpassung, wenn dadurch die selbstständige Lebensführung oder die Versorgung erleichtert oder überhaupt erst möglich wird. Die Notwendigkeit der Maßnahmen wird vom MDK geprüft. Hierfür muss zuvor ein Antrag gestellt werden. Die Höhe des Zuschusses hängt von den Gesamtkosten der Wohnungsanpassung ab. Pro Maßnahme wird ein Höchstbetrag von 4000 Euro gewährt.

Maßnahmen zur Wohnungsanpassung können z. B. sein: Ein- und Umbau von Mobiliar, Türverbreiterung, Einbau eines Treppenlifts.

Neben der Wohnungsanpassung kommt die Pflegekasse ebenfalls für Pflegeverbrauchsmittel wie Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel auf. Versicherten stehen 40 Euro pro Monat für Pflegeverbrauchsmittel zur Verfügung.

Auch technische Pflegehilfsmittel wie Pflegebetten oder Hausnotrufgeräte können bei der Pflegekasse beantragt werden und werden von dieser verliehen oder anteilig mitfinanziert.


Leistungen eines Pflegedienstes

Häusliche Pflegehilfe

Als Pflegedienst erbringen wir alle Leistungen im Rahmen der häuslichen Pflegehilfe. Zur häuslichen Pflegehilfe gehören regelmäßig wiederkehrende Leistungen aus folgenden Bereichen:

  • körperbezogene Pflegemaßnahmen
  • pflegerische Betreuungsmaßnahmen
  • Hilfen bei der Haushaltsführung

Ziel der häuslichen Pflegehilfe ist es, Beeinträchtigungen in Ihrer Selbstständigkeit oder in Ihren Fähigkeiten durch pflegerische Maßnahmen so weit wie möglich zu beheben oder zu mindern und eine zunehmende Pflegebedürftigkeit zu verhindern.

Körperbezogenen Pflegemaßnahmen

Dies sind Maßnahmen, die Sie in den Bereichen der Selbstversorgung und der Mobilität unterstützen. Je nach Bedarf helfen wir Ihnen bei der Körperpflege und bei Toilettengängen, beim An- und Auskleiden sowie beim Essen und Trinken. Wir unterstützen Sie in Ihrer Mobilität vom Aufstehen aus dem Bett bis hin zum Treppensteigen.

Pflegerische Betreuungsmaßnahmen

Dies sind Unterstützungsleistungen, die dem Aufbau und der Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur sowie dem Fortführen sozialer Kontakte dienen. Wir bieten z. B. Beschäftigungsmöglichkeiten an, unterstützen Sie bei Ihren Hobbys, gehen mit Ihnen spazieren und schenken Ihnen ein offenes Ohr. Manchmal besteht unsere Hilfe auch nicht aus einer Tätigkeit, sondern aus dem einfachen Dasein – Anwesenheit als emotionale Sicherheit oder auch zur Vermeidung von Selbst- oder Fremdgefährdung.

Wir begleiten Sie zu Terminen und unterstützen Sie bei der Erledigung von Schriftverkehr. Das Angebot pflegerischer Betreuungsmaßnahmen ist vielfältig und orientiert sich immer an Ihren individuellen Bedürfnissen.

Hilfen bei der Haushaltsführung

Zur häuslichen Pflegehilfe gehören auch Unterstützungsleistungen bei der Haushaltsführung. Gerne helfen wir Ihnen z. B. bei Einkäufen, beim Reinigen und Lüften der Wohnung, Geschirrspülen oder Müllhinaustragen.

Behandlungspflege

Behandlungspflege

Das Erbringen von medizinischen Leistungen wird Behandlungspflege genannt. Hierzu gehören z. B. Tätigkeiten wie das Wechseln von Wundverbänden, die Gabe von Medikamenten, die Verabreichung von Injektionen (z. B. Heparin oder Insulin) oder das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen. Behandlungspflege wird im Rahmen der sogenannten „Häuslichen Krankenpflege“ verordnet, wenn sie nötig ist, um die Therapie des Arztes sicherzustellen, um einen Krankenhausaufenthalt zu vermeiden oder um die Entlassung aus dem Krankenhaus zu ermöglichen. Sie muss von einem Arzt verordnet und von der Krankenkasse, die auch die Kosten hierfür übernimmt, genehmigt werden. Voraussetzung ist, dass weder die pflegebedürftige Person selbst noch deren Angehörige die vom Arzt verordneten Tätigkeiten übernehmen können.

Beratungseinsatz
Beratungseinsatz nach § 37 ABS. 3 SGB XI

Der Gesetzgeber sieht vor, dass sich alle Pflegebedürftigen, die Pflegegeld beziehen, jedoch keine Leistungen eines Pflegedienstes in Anspruch nehmen, regelmäßig einem Beratungseinsatz durch einen Pflegedienst unterziehen müssen. Ziel dieser Beratungseinsätze ist es, sicherzustellen, dass die pflegebedürftige Person adäquat versorgt wird. Diese Beratungseinsätze bieten zugleich die Möglichkeit, offene Fragen zu Pflegethemen zu anzusprechen, Informationen über mögliche Pflegehilfsmittel zu erhalten oder Anträge zu stellen. Die Beratungseinsätze müssen bei Pflegegrad 4 und 5 in jedem Quartal stattfinden, bei Pflegegrad 2 und 3 zweimal im Jahr. Bei Pflegegrad 1 kann der Beratungseinsatz freiwillig in Anspruch genommen werden.

Leistungsüberblick